Microgreens - Sprossen und Kräuter

Von den einen als gesündestes Superfood schlechthin über den grünen Klee gelobt und von den anderen als EHEC-Auslöser gefürchtet. Keimlinge, Sprossen und Grünkräuter sind gesund und lecker aber keine Wundermittel.

Vor Schlampereien und kriminellen Machenschaften kann man sich nie zu 100% schützen, so ist es bei allen Lebensmitteln. Wer seinen Sprossen- salat mit Angst isst, sollte ihn lieber ganz weglassen. Man kann sich auch ohne gesund und ausgewogen ernähren. Wer sein Gemüse im Winter nicht aus Israel, Marokko, dem Senegal oder sonst woher kaufen möchte, für den sind Sprossen und Microgreens eine gute Alternative. Außerdem gibt es den Stadtmenschen zumindest das Gefühl sich selbst versorgen zu können, "Urban Gardening" ist ein ständig wachsender Trend.

Kresse in Tonschale Schon mit haushaltsüblichen Mitteln lassen sich Kräuter und Sprossen kostengünstig ziehen. Fortgeschrittene investieren auch gerne ein paar Euro in ein Keimglas oder Keimschalen. Hochwertiges Bio-Saatgut ist relativ teuer und nicht immer nötig. Mit Erbsen, Linsen und Bohnen aus dem Supermarkt habe ich bisher gute Erfahrungen gemacht. Bei Bockshornklee & Co. gibt es fast nur in Bioqualität. In manchen Gemüsemärkten und Supermärkten gibt es die Sprösslinge auch schon vorgezogen und verzehrfertig. Kaum ein Markt, in dem nicht die obligatorische Kresse zu finden ist, Soja- und Mungbohnen- sprossen sind oft als Konserve zu finden. Etwas seltener sind Alfalfa-Sprossen und diverse Sprossenmischungen erhältlich. vgwort

Die meisten Sprossen benötigen nicht einmal Licht, nur Wasser und Luft. Je nach Temperatur sollten sie zwei- bis viermal täglich mit frischem Leitungswasser gespült werden. Bei Keimschalen anfänglich zweimal täglich wässern, manche Schalen haben unterhalb einen Wasserbehälter, bei diesen reicht es, wenn sich ausreichend Wurzeln gebildet haben, das Wasser alle zwei Tage zu erneuern. Grünkräuter benötigen einen hellen Standort, jedoch nicht in der vollen Sonne.

Im eigenen Küchengarten benötigt man keine Unkraut- und Insektenvernichtungsmittel, normalerweise keinen Dünger. Es entstehen keine Lager- und Transportkosten und man hat immer etwas frisches Grün zur Hand, ohne dafür die Wohnung verlassen zu müssen. Besonders Anfangs geschieht es leicht, dass man zu viele Samen zum Keimen bringt, im Kühlschrank lässt sich deren Wachstum für einige Tage verlangsamen. Wer etwa Kresse, Kerbel, Senf oder Ähnliches etwas größer wachsen lassen möchte, sollte nach etwa vier Wochen ein wenig Kräuterdünger geben.

Erbsensprossen im Keimglas Besonders Sprossen, die roh verzehrt werden, müssen vorher gründlich gewaschen werden, erst in einer großen Schüssel (nicht im Spülbecken!) mit reichlich lauwarmem Wasser und dann in einem großen Sieb abbrausen. Das gilt für selbst gezogene wie gekaufte Sprossen. Bei Kresse & Co. ist dies nicht so einfach, da die zarten Pflänzchen darunter leiden können. Da halte ich es aber auch nicht für unbedingt notwendig, es werden ja nur die oberen Pflanzenteile gegessen.

Frische und Geschmack finde ich die überzeugendsten Argumente, ganz besonders liebe ich Senf, Radieschen und Bockshornklee als Sprossen. Nebenbei sind sie auch noch voller Vitamine, Antioxidantien und anderen Vitalstoffen. Da kann jeder Treibhaussalat einpacken und zieht sich schmollend auf den Kompost zurück.


Senf-Kresse

Nährwertübersicht Sprossengemüse

Je 100g enthalten Vitamin C Ballaststoffe Eiweiß sowie
Kresse 60 mg 3 g 4,2 g B-Vitamine, Folsäure, Kalium, Senföle
Rettich- Radieschensprossen 29 mg 3,8 g 4,1 g Vit. K + A, Senföle, Kalium, Magnesium
Rettich- Radieschen (Wurzelknolle) 27 mg 1,2 g 1,1 g Vit. K + A, Senföle, Kalium, Magnesium
Senfgrün 35 mg 1,9 g 3,2 g Vit. K + A, Senföle, Magnesium
Alfalfa 8 mg 1,8 g 4 g B-Vitamine, Kalium, Calcium
Broccolisprossen 125 mg ? g 4,1 g Quercentin, Sulforophan, Kalium, Calcium
Broccoli (roh) 95 mg 3 g 3,8 g Quercentin, Sulforophan, Kalium, Calcium
Erbsen 22 mg 2,2 8,8 g B-Vitamine. Eisen, Kalium, Phytoöstrogene
Mungbohnenspr. 11 mg 5,6 g 3,2 g B-Vitamine, Kalium, Phosphor, Mangan

Gartenkresse

Gartenkresse Die Gartenkresse (Lepidium sativum) ist ein pfeffrig-rettich­ähnliches pikantes Kraut, das in keinem Küchengarten fehlen sollte. Die Kultur ist einfach, auf Kresseschalen aus Ton, flachen Schalen mit etwas Küchenkrepp oder Keimschalen mit Wasserbehälter. Eigentlich gibt es keinen Grund in Supermärkten 50 Cent bis einen Euro für ein paar Gramm dieses Krauts auszugeben. Meine Box mit Kressesamen kostete im Biomarkt 1,99 € für 125 g und die reicht für mindestens ein Jahr. Im Frühjahr und Sommer kann man sie auch in Töpfe oder Balkonkästen mit Erde säen und wachsen lassen. Ein Büschel davon auf den Teller oder belegte Brote ist nicht nur hübsch, sondern auch gesund. Bereits 13 g enthalten genau so viel Vitamin C wie 100 g Kopfsalat!

Senf

Senfsprossen Der Scharfmacher ersetzt bei mir immer öfter die Pampe aus der Tube. Lässt sich wie Kresse in Keimschalen ziehen. Als Zuchtmaterial nehme ich meistens Senfkörner aus dem Gewürzregal, gibt es aber auch als Sprossensaatgut in Schächtelchen. Besonders zu erwähnen ist der hohe Gehalt an Vitamin K (500µg je 100 g), dieses ist für die Blutgerinnung, das Zell- und Knochen- wachstum wichtig. Die DGE empfiehlt täglich 60 bis 80µg, was mit wenigen Gramm Senfsprossen oder Kraut leicht erreicht wird.

Alfalfa

Alfalfa Sprossen Ein etwas überbewertetes Trendgemüse, das allerdings in vielen Salatabteilungen fertig zu kaufen ist. Der Vitamingehalt (Vitamin C 8,7 mg je 100 g) ist eher mau und der Kalciumgehalt wird oft fälschlicherweise hoch genannt. Nach einer Untersuchung der USDA [1] enthalten 100 g etwa 32 mg, der Tagesbedarf liegt aber bei über 1000 mg.

Nichtsdestotrotz sind sie lecker und gesund, und wenn man sie selber zieht auch günstig. Die Samen sind sehr klein und das Volumen der Sprossen ist 20 bis 30-mal so viel. Auf dem Foto ist zu sehen, welche unglaubliche Menge Alfalfasprossen aus nur einem Esslöffel Samen entstehen. Für die meisten Keimgläser sind sie zu klein, deshalb in einem Glas keimen lassen und durch ein feines Sieb abgießen. Um sicher zu sein, dass die Schutzstoffe vor Fressfeinden in den Samen vollständig abgebaut sind, sollten Alfalfa- Sprossen erst nach mindestens 7 Tagen gegessen werden.

Erbsen

Erbsensprossen Schon zwei Tage keimen lassen verringert die Kochzeit auf wenige Minuten, selbst nach 12 Stunden einweichen brauchen sie sonst noch 30 bis 45 Minuten im Kochtopf. Egal ob für Eintopf oder Püree, bei mir kommen Hülsenfrüchte kaum mehr ungekeimt auf den Herd. Während des Keimens werden auch giftige Schutzstoffe verringert und schwer verdauliche Kohlenhydrate in weniger blähende umgewandelt. Sprossen von Linsen, Mung- und Azukibohnen kann man roh essen (muss man aber nicht). Alle anderen Bohnen und Erbsen müssen ein paar Minuten erhitzt werden, um diese Schutzstoffe vollständig zu neutralisieren.

Kichererbsenkeimlinge

Sojasprossen beziehungsweise Mungbohnensprossen werden gerne in einen Topf respektive Wok geschmissen. Beide haben in Asien eine viele Jahrtausende währende Tradition. Sojasprossen sollten 2 Minuten blanchiert oder gebraten werden. Die feineren Mungbohnensprossen können auch roh gegessen werden und eignen sich dadurch auch für Salate und Sandwiches. Bei Erbsensprossen konnte ich bisher noch keine eindeutige Aussage zur rohen Verzehrbarkeit finden. Ein paar wenige rohe Erbsensprossen in einem Salat richten wohl keinen schaden an, größere Mengen sollte man jedoch vermeiden. Erbsenkresse und gebleichter Erbsenspargel können roh gegessen werden, haben aber erhitzt ein deutlich besseres Aroma. Linsensprossen können roh gegessen werden, der Geschmack ist recht mild und deshalb eignen sie sich gut als "Füllmaterial" für Salate und Wraps.

Erbsen und Kichererbsen verwende ich meist nach 2 bis 3 Tagen, wenn die Keimwurzel etwa 2 cm lang ist. Linsensprossen nach 5 bis 7 Tagen, ein Keimglas einen Zentimeter mit den uneingeweichten Linsen befüllt ergibt nach dieser Zeit ein volles Glas Sprossen. Mungbohnensprossen gelingen das ganze Jahr hindurch auch recht gut, nur Sojasprossen wollen mir nie so recht gelingen. Ich denke, diese brauchen einfach höhere Temperaturen um gut zu Keimen und zu Wachsen. Hier lohnt sich der Aufwand eigentlich nicht, den Sojasprossen gibt es in allen Asiamärkten und als Konserve im Glas oder der Dose in sehr vielen Supermärkten.

Getreide und Hülsenfrüchte gehören zu den ältesten von der Menschheit genutzten Pflanzen. Es gibt archäologische Funde, die ihre Nutzung seit mehr als 10.000 Jahren belegen. Neben Kohlenhydraten liefern sie auch viel und hochwertiges Eiweiß und Ballaststoffe.